Geschichte

Wie lange es die Meppener Wallfahrten nach Rulle gibt, lässt sich nicht genau nachweisen, zweihundert Jahre, ja nach verschiedenen Quellen und Ansichten sogar mehr als dreihundert Jahre.

Auch über die Gründung des „Ruller Walfahrtsverein Meppen e.V.“, so die heutige Bezeichnung, liegen keine Aufzeichnungen und Protokolle vor; es gibt ebenfalls keine Hinweise auf eine Gründungsversammlung in der damaligen Presse.

Die Gründung des Vereins war aber wohl, wie es mündlich innerhalb der Generationen seitdem weitergeben wurde und beweisführend aus anderen Quellen recherchiert werden kann, im Herbst des Jahres 1892. Der damalige Propsteiadjunkt Dr. Johannes Freese wollte zum einen den Eifer der Meppener für die Wallfahrt nach Rulle neu beleben und das Ansehen der Pilger erhöhen, zum anderen entsprach er damit gleichzeitig einem Wunsch seines Bischofs.

Erste Aufzeichnungen enthält das im Jahr 1893 begonnene und noch vorhandene „Caßa-Buch des Wallfahrtsvereins zu Meppen“. Älteste Eintragungen sind vermerkt vom 23. April 1893 für die Ausgabe zur Anschaffung einer Vereinsfahne und im Mai des gleichen Jahres zur Einnahme von Vereinsbeiträgen und einem Überschuss von der Wallfahrt.

Der Schriftführer des Vereins Heinrich Niemann, damaliger Geschäftsführer der AOK Meppen, hat am 19. Juni 1923 ein Mitgliedsverzeichnis rückblickend vom Gründungsjahr an aufgestellt. Danach waren es 8 Männer, Handwerker und Ackerbürger, aus Meppen und nächster Umgebung, die sich um Dr. Johannes Freese zusammenfanden mit dem Ziel, die schon seit Jahrhunderten bestehende Wallfahrtstradition in Statuten zu fassen und weiter auszubauen.

Der Vereinsgründer Dr. Johannes Freese als Adjunkt und später Vikar in Meppen hat bis 1903 die Wallfahrt alljährlich persönlich geführt, bis er in dem Jahr als Pfarrer nach Schwagstorf versetzt wurde, den Ort, der den Meppenern jedes Jahr auf dem Hin- und Rückweg Quartier gab – und auch heute noch gibt. Er blieb auch hier seinen Meppener Pilgern sehr verbunden, hat sie jedes Jahr feierlich eingeholt und wieder verabschiedet, Quartiere zugewiesen und in Gesprächen mit ihnen sich aktuelles berichten lassen und Erlebnisse aufgefrischt.

Bis ins Jahr 1913 sind wesentliche Ereignisse des Vereinslebens im Kassenbuch notiert. Ab 16. Februar 1913 ermöglichen Protokolle konkretere Einblicke in das Vereinsleben, wie Wahlen des Vorstands, Aufnahme neuer Mitglieder, Festlegung von Beiträgen, vorbereitende Versammlungen zu den jährlichen Wallfahrten, Festlegung des Wallfahrtsweges, Beschaffung von Pferde-Begleitwagen, Anschaffungen, u.a. Im wesentlichen Dinge, wie sie auch heute noch im Vereinsleben an der Tagesordnung sind.

Das Jahr 1917 war ein Meilenstein für das Vereinsleben. Es wurde das 25-jährige Vereinsbestehen gefeiert. Zu diesem Ereignis hatte der damalige Präses, Kaplan Alfons Preuin, im Jahr vorher das erste „Pilgerbuch für die Wallfahrt nach Rulle“ erstellt, das von da an gemäß Vereinsbeschluss bei der Wallfahrt benutzt werden sollte.

Lt. Notierung feierten am 01. Mai des Jahres 1917 bei frühlingshaftem Wetter mehrere tausend Gläubige mit ihrem Bischof Dr. Wilhelm Berning das Jubiläum. Die Zahl der Pilger stieg in den Folgejahren stetig an. Von etwa 120 im Jahr 1916 bis auf etwa 300 im Jahr 1929.

Die Meppener Wallfahrt weitete sich aus. Seit 1925 haben die Bawinkeler einen eigenen Wallfahrtsverein. Auch die Freunde aus Haselünne wurden immer mehr, so dass Pfarrer Hermann Schepers im Jahr 1946 für seine Pfarrgemeinde eine eigene Wallfahrt nach Rulle organisierte.

Selbst die nationalsozialistische Regierungsherrschaft konnte die Treue der emsländischen Wallfahrer nach Rulle nicht brechen. Offiziell wurde die Wallfahrt 1939 verboten. Damit war auch die Organisation durch den Wallfahrtsverein unterbunden. Unaufgefordert und auf eigene Gefahr machten sich aber Pilger auf den Weg, einzeln oder in kleinen Gruppen und auf Schleichwegen. Verständlicherweise waren während der Kriegsjahre die Teilnehmerzahlen geringer, überwiegend Frauen nahmen den Weg auf sich.

Im Jahr 1945 war es wegen der Ereignisse in den letzten Kriegstagen nicht mehr möglich, wie üblich zum 01. Mai den Weg nach Rulle anzutreten. Stattdessen wurde aber noch in demselben Jahr vom 07. bis 11. September die Wallfahrt nachgeholt, was unter Berücksichtigung der Zeitumstände besondere Bewunderung verdient.